Sven Ritter, Psychologe M.Sc.
Beurteilung der erzieherischen Kompetenzen der Kindeseltern. Im familiengerichtlichen Kontext ist hinsichtlich der Erziehungsfähigkeit die Beurteilung der erzieherischen Kompetenzen, unter Bezugnahme empirisch gesicherter Bestimmungsgrößen und unter Berücksichtigung des Entwicklungsstandes und der Entwicklungsmöglichkeiten und -perspektiven des Kindes, von Bedeutung.
Diagnostische Einschätzung zum Vorliegen einer Kindeswohlgefährdung. Kindeswohl meint die für die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes günstige Relation zwischen seinen aktuellen Lebensbedingungen und seiner Bedürfnislage. Es erfolgt eine diagnostische Einschätzung zum Vorliegen einer Kindeswohlgefährdung sowie Vorschläge und Beurteilungen von Maßnahmen, die die Wahrung des Kindeswohls sicherstellen können.
Empfehlungen für die Regelung der elterlichen Erziehungsverantwortung, des Lebensmittelpunktes oder der Kontaktgestaltung zwischen Kind und Elternteil bei Trennung und Scheidung oder beim Vorliegen einer Kindeswohlgefährdung. Die Vorschläge für eine konkrete Ausgestaltung der genannten Aspekte erfolgt unter primärer Berücksichtigung einer kindgerechten Entwicklung.
Beurteilung und Vorschläge zusätzlicher fachlicher Maßnahmen, welche Elternteile bei der Kindererziehung im Sinne der kindgerechten Entwicklung unterstützen können.
Weitere, vom Gericht vorgegebene Fragestellungen, die in den Kompetenzbereich des psychologischen Sachverständigen fallen. Hierzu zählen exemplarisch die Herausnahme oder Rückführung eines Kindes aus einer Pflegefamilie, die Feststellung der Ressourcen eines Familiensystems oder die diagnostische Feststellung der Entwicklung eines Kindes.
Zu einer wissenschaftlich fundierten und zeitgemäßen psychologischen Diagnostik gehört der Einsatz diverser Fragebögen und quantitativer psychologischer Testinstrumente, die den Beteiligten (Elternteile und Kinder) im Rahmen der Begutachtungstermine erklärt und entsprechend durchgeführt werden.
Es wird eine (teil-)standardisierte qualitative Befragung aller Beteiligten (Elternteile und Kinder) durchgeführt. Zusätzlich wird eine Befragung zur Lebensgeschichte und der psychologisch-gesundheitlichen Vorgeschichte der beteiligten Elternteile durchgeführt.
Es wird eine oder mehrere Interaktionen der beteiligten Elternteile mit den Kindern beobachtet. Dabei werden nach einem standardisierten Leitfaden diverse psychologische Aspekte erfasst und beurteilt.
Nach vorheriger Schweigepflichtsentbindung erfolgt eine Informationssammlung bei bisher involvierten Fachkräften, die die Beteiligten über einen längeren Zeitraum oder aus anderen Kontexten kennen. Kann persönlich oder in Form eines schriftlichen Berichts erfolgen.
Die beteiligten Elternteile haben die Möglichkeit, Auskunftspersonen zu benennen, welche die Elternteile und Kinder aus anderen Kontexten kennen und die relevante Informationen zur Sache beitragen können. Es erfolgt eine Befragung dieser Personen anhand eines themenorientierten Leitfadens.
In dringenden Fällen mit besonderer Notwendigkeit (z. B. bei Verdacht einer akuten Kindeswohlgefährdung, geplante Fremdunterbringung, Gewalt, Substanzmissbrauch, Verdacht auf schwere seelische Störung oder Missbrauch) kann eine vorgezogene Stellungnahme des Sachverständigen erfolgen/vom Gericht angefordert werden, in der frühe Erkenntnisse der ersten Termine aufbereitet und komprimiert dargestellt werden.
Sofern eine einvernehmliche Grundlage bei den beteiligten Elternteilen zu erkennen und der Sachverständige nach §163 Abs. 2 FamFG beauftragt ist, werden beide Elternteile gemeinsam zu einem mediativen Untersuchungsgespräch geladen. Dabei werden einheitliche Ziele in Bezug auf die Kinder herausgearbeitet und es wird versucht, eine einvernehmliche Lösung zur Beendigung des Konflikts zu finden. Bei Erfolg wird der Sachverständige dem Gericht einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten, der das Verfahren verkürzen kann.
|„Insgesamt erweist sich […] zwischen einem Drittel bis über 50 % der [familienpsychologischen] Gutachten als mängelbehaftet.“
Salewski, C. & Stürmer, S. (2014)
Zu diesem Fazit kommt eine Studie der FernUni Hagen aus dem Jahr 2014. Um einer fehlerhaften Begutachtung gewahr zu werden und diese anzufechten, ist in vielen Fällen die Bewertung des Erstgutachtens durch einen versierten psychologischen Sachverständigen ratsam. Beispielsweise wird überprüft, ob die Vorgehensweise des Verfassers und die Ausarbeitung des Gutachtens methodisch angemessen und fundiert sowie wissenschaftlich belegt und nachvollziehbar ist. Es folgt eine schriftliche, wissenschaftlich abgesicherte und fachlich fundierte Stellungnahme des Sachverständigen, die anderen Institutionen (wie Gerichten oder Jugendämtern) vorgelegt oder zur Anfechtung eines Gutachtens in einem laufenden Verfahren genutzt werden kann. Die Dauer der Bearbeitung und die damit verbundenen Kosten hängen vom Umfang und der Komplexität des Erstgutachtens ab, i.d.R. benötigt die Ausarbeitung der schriftlichen Bewertung ca. zwei bis drei Wochen. Es kann zudem vorab um eine kurze schriftliche Einschätzung gebeten werden, ob bei dem vorliegenden Gutachten eine fachlich kritische Bewertung aussichtsreich erscheint. Vor der endgültigen Beauftragung wird ein Kostenvoranschlag zur Verfügung gestellt.
Überdies ist es möglich, für einzelne Schlussfolgerungen oder Erhebungsinstrumente eines familienpsychologischen Gutachtens eine wissenschaftlich hergeleitete Einschätzung zu erhalten, die ebenfalls für die Anfechtung vor einer Rechtsmittelinstanz herangezogen werden kann. Dies spart den Aufwand und die Kosten für eine vollumfängliche Gutachtenkritik, die in Einzelfällen möglicherweise nicht nötig ist. Für weitere Informationen setzen Sie sich mit dem Sachverständigen in Verbindung. Unter Umständen kann die Bewertung des Erstgutachtens über eine Prozesskostenhilfe finanziert werden. Hierzu halten Sie bitte Rücksprache mit Ihrem Anwalt/Ihrer Anwältin.
| Zu der Vergütung eines PKH-Anwalts zählen auch Auslagen, soweit sie zur sachgemäßen Durchführung seines Auftrags erforderlich sind, z.B. die Kosten für die Einholung eines für die sachgerechte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung seiner Partei erforderlichen Privatgutachtens. Dem beigeordneten Rechtsanwalt ist für derartige Auslagen aus der Staatskasse ein angemessener Vorschuss gem. § 47 Abs. 1 Satz 1 RVG zu gewähren.
OLG Hamm, Beschl. v. 14.5.2013 – I-25 W 94/13, 25 W 94/13 | Weitere Informationen
Trotz häufigem Einsatz projektiver Verfahren in der praktischen psychologischen Arbeit erfüllen viele der eingesetzten Instrumente nicht oder nur nur unzureichend die Testgütekriterien psychologischer Diagnostik. Da somit die Standards wissenschaftlich-fundierter psychologischer Diagnostik missachtet werden, kommen entsprechende Verfahren im Rahmen der Begutachtung nicht zum Einsatz.
Durch mehrere Termine und eine multimethodische Herangehensweise kann ein längsschnittartiger Überblick über das Familiensystem und die beteiligten Personen gewonnen werden. Dies ermöglicht eine differenzierte Einschätzung der Sachlage und führt zu genaueren Prognosen.
Das Vorgehen innerhalb eines Gutachtens läuft nach einem streng standardisierten Leitfaden ab, an dem sich der Sachverständige und das multiprofessionelle Team orientieren. Somit wird eine objektivierbare und unbefangene Arbeitsweise sichergestellt.
Bereits seit 2010 ist der Sachverständige durchgängig im Bereich der familienpsychologischen Begutachtung tätig. In diesem Zeitraum hat er im Austausch mit zahlreichen Fachkräften verschiedener Tätigkeitsbereiche und einem langjährig erfahrenen Sachverständigen umfassende Kompetenzen erworben. Der Einsatz in der familienpsychologischen Begutachtung von über 100 Familiensystemen sorgt für eine Vertrautheit mit unterschiedlichsten Konstellationen.
Fachpsychologe für
Rechtspsychologie
BDP/DGPs &
Experte für psychologische
Diagnostik
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